"Täuschen, Tricksen, Trügen" ist insbesondere in den USA derzeit ein sehr heiß diskutiertes Thema in den Kreisen der Word of Mouth Marketers. Der US-amerikanische Verband WOMMA ("Word of Mouth Marketing Association") hat bereits seit mehreren Monaten immer wieder die Veröffentlichung eines Dokuments zu ethischen Richtlinien angekündigt. Am gestrigen Mittwoch ist dieses nun veröffentlicht worden.
Die Veröffentlichung ist in dreierlei Hinsicht problematisch:
- Der Verband beschreibt Regeln für ethisch akzeptables Mundpropaganda-Marketing. Der Verband beschreibt jedoch nicht hinreichend, was darunter zu verstehen ist! Das ist insofern fragwürdig, als unter das breite Dach des Terminus "Mundpropaganda-Marketing" (Word of Mouth Marketing) eine sehr umfassende Palette von Techniken, Tätigkeiten und Ansätzen fallen. Die Debatte, die zur Erstellung dieser Guidelines geführt hat, fand hinter verschlossenen Türen statt, ohne die große Zahl unterschiedlicher Praktiker einzubeziehen, die sich in diesem Markt bewegen. Für alle diese Ansätze dieselben Regeln vorzuschlagen, kann eigentlich weder als professionell noch als ehrlich gelten.
- Interessanterweise stehen insbesondere Unternehmen in der öffentlichen Kritik (in Bezug auf ethisch fragwürdige Praktiken), die in der WOMMA organisiert sind. Das heißt, hier drängt sich der Eindruck auf, dass es den WOMMA-Leuten gar nicht notwendigerweise darum geht, wirklich allgemein gültige Regeln aufzustellen. Stattdessen liegt das Hauptaugenmerk eher darauf, den eigenen Mitgliedern einen Freifahrtschein auszustellen - im Sinne von "die sind WOMMA-Mitglied, d.h. die können gar nicht fragwürdige Marketing-Techniken verwenden".
- WOMMA hat wenige Stunden vor Veröffentlichung der Dokumente die VBMA "eingeladen", künftig besser und intensiver zusammen zu arbeiten. Es war jedoch monatelang so gut wie unmöglich, von Seiten der VBMA eine solche Zusammenarbeit zu erreichen. Zugleich wurde das Ethik-Papier mitgeschickt - mit der Aussage, dass man die VBMA mittels dieses vorgezogenen Einblicks in den Prozess partnerschaftlich einbinden wolle. Sehr fragwürdig - wie soll ein Verband innerhalb weniger Stunden auf ein solches monatelang vorbereitetes Papier reagieren?
Auch wenn der Ansatz grundsätzlich begrüßenswert ist, die Diskussion in diesem Bereich voranzutreiben, steht zu vermuten, dass hier die Motive der WOMMA in mancherlei Hinsicht eher fragwürdig sind. Es geht gerade wohl vor allem darum, einzelne WOMMA-Mitglieder zu schützen, und nicht, der Branche insgesamt nützliche Dienste zu leisten.
Die VBMA wird sich in jedem Fall an der öffentlichen Debatte beteiligen und auf die Probleme hinweisen, die mit dieser Initiative zusammenhängen. Hier sind einige hilfreiche Links in dem Zusammenhang:
Nachtrag (12:27 h): Es sollte angemerkt werden, dass WOMMA erstens in den veröffentlichten Dokumenten deutlich gemacht hat, dass es sich um Entwürfe ("Drafts") handelt. Endgültige Papiere sind das also noch nicht. Und zweitens: Letztlich verläuft diese Debatte hauptsächlich zwischen Agenturen und Firmen, die Word of Mouth Marketing-Dienstleistungen anbieten. Also handelt es sich in gewissem Sinne eigentlich um eine Art Nabelschau... ;-)